Foto von Claus  
   
"Einbecker Morgenpost, 07. Juli 2011"
"Die Eule, 10. Juli 2011"
"Michael Stude zur Ausstellungseröffnung"
 
Bilder zur Ausstellung sehen Sie in der Galerie.
"RechtLos" - Ausstellung mit Caninenberg
 
(Einbecker Morgenpost, 07. Juli 2011)
 
Dicht gedrängt standen die Zuschauer und Zuhörer im Kunsthaus Einbeck bei der Eröffnung der Ausstellung "RechtLos", die der Hellentaler Künstler Claus Caninenberg in Zusammenarbeit mit Amnesty International konzipiert hat.
 
Einbeck (oh). Nach der Eröffnung durch mona Isabelle Hüser, der Vorsitzenden des "Kunsthaus Einbeck", trug Gudrun Voss, die Leiterin der Einbecker Amnesty-Gruppe einige zu der Thematik passende Gedichte vor. Für die passende musikalische Umrahmung der Vernissage sorgte der Dasseler Musiker und Maler Adolf Leschonski.
Im Anschluss gab Gudrun Voss einen kurzen Abriss über 50 Jahre Amnesty International und ging auch auf die zahlreichen positiven Ergebnisse ein, die AI in dieser Zeit verbuchen konnte: "Mit diesen Erfolgen sind 50 Jahre Amnesty ein Grund zu feiern, aber kein Grund sich auszuruhen". Diesem Motto folgend setzt sich die Einbecker Amnesty-Gruppe zurzeit Gertrude Hambira aus Simbabwe ein. Sie ist Generalsekretarin der Landarbeitergewerkschaft. Sie musste um ihrer eigenen Sicherheit willen außer Landes fliehen, nachdem sie in einer Dokumentation Menschenrechtsverletzungen öffentlich machte, die im Zusammenhang mit einer Landreform standen. Die Einbecker Amnesty- Gruppe sammelt Unterschriften für eine Petition, die dem Innenminister von Simbabwe vorgelegt werden soll.
In das künstlerische Werk von Claus Caninenberg wurden die Besucher auf eindrucksvolle Weise von Michael Stude eingeführt. Die Einrichtung des Gefangenenlagers in Guantanamo war ein entscheidender Auslöser für die seit 2008 entstandenen und im Kunsthaus Einbeck gezeigten Zeichnungen, Olbilder und Skulpturen. Die Werke von Caninenberg, so Stude, "sind keine vordergründig dekorative Kunst. Sie fordern eine intensive Auseinandersetzung. Sie fordern zum Dialog auf." Dies setzt Caninenberg mit den ihm eigenen Stilmitteln und in einer starken Bildsprache ein. Immer wieder nutzt er dabei seinen beruflichen Hintergrund als Ingenieur, um Gesetzmäßigkeiten der Mechanik, mathematische Formeln oder Potenzen in seinen Werken offensichtlich oder versteckt einzubauen.
Caninenberg verleiht den Rechtlosen in seinen Bildern und Zeichnungen eine Gestalt. Dies wird besonders in den intensiven Zeichnungen deutlich. Hier reduziert er, so führte Stude weiter aus: "das Leiden auf Umrisse, Hullen oder abwehrende Bewegungen". Aber auch die Aggression stellt Caninenberg in seinen Olbildern dar: "farbig, kampfstark, bedenkenlos". Dies wird, veranschaulicht Stude, besonders in den Springer-Bildern deutlich: "Die Springer haben jede Hemmungen verloren, sie terrorisieren gewaltbereit. Sie springen den Betrachter direkt an."
Zu sehen ist die Ausstellung im Juli, jeden Mittwoch und Sonnabend zwischen l0 und 13 Uhr im Kunsthaus Einbeck, Knochenhauerstraße 7.
 
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"RechtLos" im Kunsthaus
 
(Die Eule, 10. Juli 2011)
 
EINBECK - Die vor kurzem eröffnete Ausstellung "RechtLos", die der Hellentaler Künstler Claus Caninenberg in Zusammenarbeit mit Amnesty International konzipiert hat, ist im Juli jeden Mittwoch und Sonnabend zwischen 10 und 13 Uhr im Kunsthaus Einbeck (Knochenhauerstraße 7) zu sehen.
 
Nach der Eröffnung durch Mona Isabelle Hüser, Vorsitzende "Kunsthaus Einbeck e.V.", informierte Gudrun Voss, Leiterin der Einbecker Amnesty- Gruppe, über 50 Jahre Amnesty International und ging auch auf die zahlreichen positiven Ergebnisse ein, die in dieser Zeit verbucht werden konnten. Die Einrichtung des Gefangenenlagers in Guantanamo war ein entscheidender Auslöser für die seit 2008 entstandenen und im Kunsthaus Einbeck gezeigten Zeichnungen, Ölbilder und Skulpturen von Caninenberg. Immer wieder nutzt er seinen beruflichen Hintergrund als Ingenieur, um Gesetzmäßigkeiten der Mechanik, mathematische Formeln oder Potenzen in seinen Werken offensichtlich oder versteckt einzubauen. Caninenberg verleiht den Rechtlosen in seinen Bildern eine Gestalt. Dies werde besonders in den intensiven Zeichnungen und Bildern deutlich.
 
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"RechtLos"
 
Gedanken zur Ausstellung von Claus Caninenberg in Einbeck
 
(3. Juli 2011, Michael Stude)
 
"...die Bilder willst du in Einbeck ausstellen? .... “
Ich möchte Ihnen meine erste spontane Reaktion beim Betrachten der Bilder in Caninenbergs Atelier in Hellental nicht vorenthalten.
Vielleicht ging es Ihnen heute ähnlich. Man steht ratlos, fassungslos [gar hilflos vor diesen Bildern, Caninenberg Bilder sind keine vordergründig dekorative Kunst. Sie fordern eine intensive Auseinandersetztmg. Sie fordern zum Dialog.
 
Ich möchte Sie einladen, dass wir gemeinsam versuchen, uns den hier gezeigten Arbeiten und vor allem Claus Caninenberg zu nähern. Dabei bin ich mir durchaus der Gefahr bewusst, dass ich Ihren Blick auf die Arbeiten auch einengen oder in eine falsche Richtung lenken kann. Deshalb meine Bitte: Bleiben Sie kritisch, schärfen Sie Ihren eigenen Blick.
 
RECHTLOS - schon der Titel dieser Ausstellung lenkt unseren Blick auf ein Problem unserer menschlichen (??) Gesellschaft. Die Aktivitäten von amnesty international unterstreichen es immer wieder.
 
Guantanamo - für Claus Caninenberg wurde dieser Ortsname mit seinem Gefangenenlager 2008 zu einem entscheidenden Auslöser für die hier gezeigten Bilder. Wie für viele Menschen weltweit war es für ihn unfassbar, dass Menschen unter unwürdigen Verhältnissen eingesperrt und ohne ordentlichen Gerichtsprozess jahrelang gefangen gehalten werden.
 
Caninenberg, den meisten von uns durch seine "Maschinenmenschen“ bekannt, gibt diesem Unrecht in seinen Bildem ein Gesicht. In spontanen Skizzen und Zeichnungen stehen uns leidende Menschen gegenüber, oft nur in ihren Umrissen.
Die Begegnung mit dem Leiden des einzelnen Menschen wird spürbar. Die geogratische Entfernung in feme Länder und Erdteile scheint aufgehoben. Das Entsetzen schafft Nähe und Verbundenheit.
 
Viele Jahre hat Claus Caninenberg, der in Schwabing geboren wurde und aufgewachsen ist, als Ingenieur für die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in den verschiedenen Kontinenten unserer Erde gelebt und gearbeitet. Ob in Südamerika (Kolumbien), Afrika (Gabun) oder den arabischen Ländern (Jordanien), überall hatte er unzählige menschliche Kontakte und Begegnungen. Als echter Kosmopolit ist er in seinem Herzen den Menschen eng verbunden geblieben.
 
Die nebeneinander gehefteten Zeichnungen erinnern sicher viele von uns an die Jahre nach dem letzten Krieg in Deutschland, wenn der Suchdienst des Roten Kreuzes mit Bildern oder täglichen Radiomeldungen nach verrnissten Menschen suchte. Das Leiden des Einzehien und der Schmerz der Familien, das vergebliche Bemühen aus der Ferne zu helfen, wurde vom Alltag allmählich in die Vergessenheit und vielleicht als Randnotiz in Geschichtsbücher verdrängt.
 
Caninenberg versucht mit seinen Skizzen und Zeichnungen das Schicksal der Leidenden dem Vergessen zu entreißen.
 
In seinen Ölbildern und Installationen werden seine Stilmittel deutlich, mit denen er unsichtbare Kräfte und Abläufe der Natur aber auch menschlicher Gesellschaften sichtbar macht.
Als Ingenieur gehörte die Erfahrung, dass wir Menschen die Kräfte der Natur nicht durch eigene Sinneseindrücke unmittelbar empfinden, sondern nur durch Beobachtung und daraus gefolgerte Ableitungen zu erklären versuchen können, zu seinem Berufsleben.
 
Ähnlich ist es mit gesellschaftlichen Prozessen. Ob in kleinen familiären Zusammenschlüssen oder großen Gesellschaften, überall wirken unsichtbare Kräfte und Abläufe, die wir mit unseren Sirmesorganen nicht direkt wahrnehmen können. Wir sind auf Beobachtungen, Analysen und Erklärungen angewiesen.
 
In Caninenbergs Ölbildern entdecken wir viele Gesetzmäßigkeiten aus der Mechanik. Auch mathematische Formehr wie Potenzen oder -umgekehrt- der Logarithmus naturalis sind versteckt. Mit ihrer Hilfe macht er kausale Zusammenhänge und Auswirkungen physikalischer Gesetze und ihre Übertragbarkeit auf gesellschaftliche Abläufe sichtbar. Wird im Spiel der Kräfte etwas übersparmt, können Prozesse mit exponentieller Wirkung ablaufen, die auch zeitlich nicht mehr zu stoppen sind.
 
Eine andere Frage in Caninenbergs Bildern gilt dem Aufeinandertreffen von leidendem Individuum und den Leid zuitigenden Akteuren. Was veranlasst spontane oder staatlich eingesetzte Gruppen brutal und unmenschlich gegen einzehie Menschen vorzugehen? Wo bleibt Kants kategorischer Imperativ, wo bleiben die Ideen der Menschenrechte, die so mühsam erkämpft wurden und in vielen Verfassungen -wie der französischen oder amerikanischen- verankert sind?
 
Caninenberg macht das Aufeinandertreffen beider Seiten sichtbar: Hier das leidende lndividuurn: schutzlos, machtlos, hilflos, rechtlos. In seinen Zeichnungen reduziert er das Leiden auf Umrisse, Hüllen oder abwehrende Bewegungsskizzen.
Dort die Aggression: aggressiv, farbig, kampfstark, bedenkenlos. Die Ölbilder zeigen die mechanische Stärke. Die Kampfbereitschait springt uns förmlich an. Die Aggression hat kein Gesicht.
Die bunten Farben signalisieren die Legitimation des Handelns. Die eigentlich in früher Kindheit gelemten und internalisierten moralischen und ethischen Kategorien werden durch bunte Verkleidungen (Uniformen) außer Kraft gesetzt. Das eigentliche Nachdenken und überlegte Handeln wird durch triebgesteuertes Agieren ersetzt. (Zum Teil lassen sich Caninenbergs scheinbar vordergründige Symbole in skurrile mathematische Gleichungen übersetzen: Der sichtbar Testosteron gesteuerte Angreifer -ein Hinweis auf den "deutschen“ Gruß in einem vermeintlich tausendjährigen Reich- also 10hoch3-, das zum Glück nur etwa 10 hoch 1 Jahre dauerte...)
 
Die vermeintliche Legitimation durch bunte Ver-Kleidung und das Ersetzen des Nachdenkens durch Triebsteuerung wird in den großen Springerbildern spürbar. Die Springer haben jede Hemmung verloren, sie terrorisieren gewaltbereit. Sie springen uns Betrachter direkt an.
In einem anderen Bild folgt dem Springer ein Rudel Wölfe. Grenzen werden hemmungslos übersprungen. Ein Hinweis auf den Überfall auf Polen.
 
Diesen Angriffen folgen rohe und subtile Formen der Gewalt, die Caninenberg auf seine Weise ins Bild setzt. Ein menschlicher Kopf in einer Presse als Symbol für Gehirnwäsche.
Einzelzellen als lebenslängliches Leiden bis zum Tod. (Hinweis auf Einladung ???)
 
Wie in einer Sinuskurve ist der leidende Mensch dem Wechsel von absolutem Tiefpunkt der Hoffnungslosigkeit (also der Totpunkt) zum Hochpunkt der Hoffnung unterworfen. Nelson Mandela musste dieses LOS sehr lange ertragen.
Claus Caninenberg erlebte diese Maschinerie der Gewalt in den sechziger Jahren in Südamerika hautnah, als der katholische Priester Camilo Torres, ein Gefährte von Che Guevara, in seiner Nähe aus dem Hinterhalt erschossen wurde.
 
Als Betrachter der Bilder werden wir unweigerlich zum Teil des Geschehens. Wir können uns nicht entziehen.
In ihrer Studie "Über einige Formen der medialen Wahrnehmung von Gewalt“ spricht Angela Keppler denn auch vom triadischen Verhältnis:
Gewalt wird ausgeübt - Gewalt wird erlitten - Gewalt wird betrachtet
 
Caninenberg will diesem triadischen Verhältnis entgegentreten. Sein Credo ist eindeutig:
Gewalt ist keine Lösung!
 
Als Künstler will er unsichtbare gesellschaftliche und menschliche Abläufe und Prozesse sichtbar und verstehbar machen. Dazu nutzt er die Vergleiche mit den Gesetzen der Physik. Er will die Konfrontation des Leidens des Einzehien und der angeordneten oder spontanen Aggression des Angreifers transparent machen. Als Betrachter sind wir aufgefordert unsere Schlüsse aus dem Gesehenen und aus unseren eigenen Lebenserfahrungen zu ziehen. Als sprachliche Ergänzung zu seinen Bildern bietet uns Caninenberg im Titel RECHTLOS dieser Ausstellung Alternativen zum Sehen aber auch für Veränderungen an:
 
rechtlos (adjektivisch, deskriptiv)
Recht! Los! (als Aufforderung zum Handeln)
Recht? Los! (dem Zweifel am Recht steht das schicksalhafte, unveränderliche Ereignis entgegen)
 
ln der alten Geschichte von Belsazar im Buch Daniel wird berichtet, wie in einer großen ausgelassenen Feier voller Selbstzuliiedenheit plötzlich alles verstummt und an der Wand die Buchstaben MENE - MENE - TEKEL auftauchen. Dort wird berichtet, wie lange es dauert, bis die Mahnung zum Irmehalten und Verändern verstanden wird.
 
Ich wünsche mir, dass Sie beim intensiven Betrachten der Bilder und der Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Bild Ihre Sensibilität iiir die Gefahren, die uns überall umgeben, schärfen.
Dass Sie mit Claus Caninenberg und miteinander ins Gespräch kommen. Dass wir mit Caninenberg und amnesty unsere Stimme für die Rechte jedes einzelnen Menschen immer wieder erheben.
 
Wir dürfen uns diese eine Welt zum Leben teilen.
Das Leben selbst ist unteilbar.
 
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